Wärmeeintrag in umgebendes Material

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Ginzinger
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Wärmeeintrag in umgebendes Material

Beitrag von Ginzinger » Mi 30 Apr, 2014 11:32 am

Hallo zusammen,

ich bin neu hier und habe mich angemeldet da ich eine Spezielle Frage habe auf die ich bisher leider keine Antwort gefunden habe.

Und zwar geht es darum dass sich meine Firma einen CO2 Laser (60W) zum Trennen von Flex bzw. FR4 Leiterplatten zulegen will.
Flex -> ca. 0,3mm dicke Folien z.B. Bekannt aus Folientastaturen)
FR4 -> "Normale", meist grüne Leiterplatten welche in jedem elektronischen Gerät zu finden sind.

Der Laser kann die Materialien schneiden soweit so gut, die Frage die sich stellt ist in wie weit um den Schnittkanal herum weitere Wärme eingebracht wird und in wie weit dort die Temperatur ansteigt?

Ein Laser bringt in einem sehr engen Bereich sehr schnell sehr viel Energie ein und Verdampft in diesem Fall das Material, sobald der Laser durch ist geht wahrscheinlich 99,9% der Energie ins leere. Allerdings muss/wird ein Teil der Wäre auch seitlich aus dem Schnittkanal in das umgebende Material übertragen werden.
Kann man hier irgendwelche Aussagen treffen wie viel dies ist bzw. hat jemand eine Empfehlung/Info wo ich hier eventuell schlauer werden kann?

Vielen Dank

undineSpektrum
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Re: Wärmeeintrag in umgebendes Material

Beitrag von undineSpektrum » Mi 30 Apr, 2014 4:35 pm

Hallo zusammen,
Hallo Ginzinger,

erstmal : Herzlich Willkommen hier und vielen Dank für Deine Frage zur Materialbearbeitung mit einem CO2-Laser. :)

Du wolltest wissen ob und welche "Wärmeverluste" bei einer Lasermaterialbearbeitung in dem von Dir geschilderten Umfang auftreten und ob ggf. abschätzbar ist wie groß diese sein können ggf. wie die Temperaturverteilung in dem Material aussieht.

Obwohl es in der Materialbearbeitung mit Laserstrahlung grundsätzlich schwierig ist etwas "theoretisch" oder "planend" vorherzusagen ( es hängt mit der Wechselwirkung zwischen der Laserstrahlung und dem Werkstoff zusammen die dies verursacht, hier geht "Laserstrahlung mal Werkstoffeigenschaft" in alle Betrachtungen ein -> ist also allgemein ein nichtlineares Problem ) gibt´s einige Faustregeln die z.B. helfen können abzuschätzen, was Du wissen willst.

Ausschlaggebend für die Temperaturverteilung um den auf der Oberfläche fokussierten Brennfleck des Laserstrahles ist die Wärmeleitung durch das Material, dessen charakteristische Größe die Diffusionslänge des Temperaturfeldes ist. Diese hängt von der Einwirkungszeit t und von dem Temperaturleitwert k[w] der zu bearbeitenden Substanz ab. Der Temperaturleitwert k[w] ist wiederum bestimmt durch die Wärmeleitungszahl, der mechanischen Dichte und der spezifischen Wärmekapazität.

Diffusionslänge ( der Isothermen des Temperaturfeldes ):
Diffl1.jpg
mit dem Temperaturleitwert / Diffusionskoeffizient des Temperaturfeldes:
LEITWERT.jpg
lambda[W]=Wärmeleitungszahl, rho=Dichte des Materials, c[w]=spezifische Wärmekapazität des Materials

Diese Größen sind dann für die Kunststofffolie und die Platinenwerkstoffe zu bestimmen, wobei die von Dir beschriebenen Platinen heute meist aus Kupfer als leitender Schicht und Pertinax als Träger bestehen, dann kannst Du in etwa sagen, in welchem Radius um die betreffende Stelle sich das Material um eine bestimmte Temperatur erwärmt - die kann allgemein so nicht angegeben werden - hängt von der Substanz und der Bearbeitungssituation ab.

Mit Ausnahme von Kupfer sind viele dieser Stoffe schlechte Wärmeleiter.

Eine Größe die deren Bestimmung - also der Temperatur - erleichtert ist im allgemeinen die Absorbtionslänge l in einem Material. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die in das Material eindringende Strahlungsleistung / Strahlungsenergie mit größerer Eindringtiefe immer um den gleichen Wert je Längeneinheit abnimmt und in Wärme zur Erwärmung der Substanz umgewandelt wird - also die Absorbtion exponentiell verläuft. Wenn P[0] die Leistung ist die der CO2-Laser einstrahlt und P[r] die an der Oberfläche gestreute/reflektierte Strahlung ist dann gilt mit zunehmender Tiefe in die Folie oder den Platinenwerkstoff - bezeichnet mit d - folgender Zusammenhang:
ABSORBTI.jpg
Die Absorbtionslänge l ist dann die Eindringtiefe d bei der die Strahlung P[0]-P[r] auf etwa 37% abgenommen hat. Diese ist dann durch l=(-1)*ln((37/100)/(alpha)) bestimmt, alpha ist der Absorbtionskoeffizient für die Laserstrahlung bei der Wellenlänge des CO2-Lasers.
Die Absorbtionslänge lässt sich aus dem Absorbtionskoeffizienten der Entsprechenden Stoffe vorhersagen z.B. Polyethylen bei der Folie und Kupfer und Pertinax bei der Leiterplatte. :)

Auswendig weiss ich die Werte leider nicht - bin ja drauf dressiert worden "nachzuschauen" ... :oops:
Beachte : Die Wellenlänge des CO2-Lasers liegt bei 10590 nm... das ist schon mittleres Infrarot...
Jedenfalls das kann ich jetzt mal so auf die Schnelle dazu sagen. Beachte auch : Die Leiterplatte ist ein einfache "Sandwich-Struktur"... d.h. da liegen zwei verschiedene Materialien aufeinander. Beachte auch die Strahlformung des Lasers beim Durchtrennen dickerer Schichten. :)

Grüße,

Undine
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Re: Wärmeeintrag in umgebendes Material

Beitrag von Sheep » Mi 30 Apr, 2014 4:46 pm

Hallo Ginzinger

Die Frage wird dir hier kaum jemand genau beantworten können.
Wenn die Maschine aber für so was gemacht ist wird es schon passen... ansonsten beim Hersteller der Maschine mal nachfragen.

Ich benutze einen 4000W CO2-Laser zum schneiden von Metallplatten aus Alu, Stahl und Edelstahl.
Nach meiner Erfahrung gibt es beim Aluminiumschneiden eine Veränderung des Metallgefüges in der Schnittzone die ca. 10-20mm ins Material rein geht
(je nach Dicke des Materials). Aluminium ist aber ein sehr guter Wärmeleiter und wie gesagt ich schneide mit 4kW.
Ich denke bei deinem Vorhaben mit schlecht leitendem Material kann das nicht viel sein. Ich vermute mal höchstens 1 bis 2mm... aber ohne Gewähr!

Evtl. könnte der Viktor der hier schon viele solcher Projekte vorgestellt hat mehr dazu sagen.
Der ist aber nicht immer Online... aber du kannst ihn ja mal anschreiben.

Gruss Sheep

Undine war schneller und ausführlicher :lol:
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Re: Wärmeeintrag in umgebendes Material

Beitrag von undineSpektrum » Mi 30 Apr, 2014 4:55 pm

... zumal es ja auch schon eine ziemlich ähnliche Frage dazu mal gab ... :)

Nachzulesen hier:

http://www.laserfreak.net/forum/viewtop ... 82&t=55364

Grüße,

Undine

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Re: Wärmeeintrag in umgebendes Material

Beitrag von Sheep » Mi 30 Apr, 2014 5:00 pm

undineSpektrum hat geschrieben:... zumal es ja auch schon eine ziemlich ähnliche Frage dazu mal gab ... :)

Nachzulesen hier:

http://www.laserfreak.net/forum/viewtop ... 82&t=55364

Grüße,

Undine
Da taucht auch der Viktor auf... siehe Nutzer VDX
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Re: Wärmeeintrag in umgebendes Material

Beitrag von Matthias1 » Sa 17 Mai, 2014 4:01 pm

Hallo,

genau so ist es. Wichtig ist das die Vorschub/Laserleistung Verhältnis. Was den Laser auszeichnet sind die hohen Energiedichten, die für einen geringen Wärmeeintrag im Werkstück sorgen. Der Laser kann also aufgrund der hohen Energiedichten mit solch hoher Vorschubgeschwindigkeit verfahren, dass das Material schlicht und einfach keine Zeit hat sich zu erwärmen. Auch zu beachten ist, wie die Energieniveaus des zu bearbeiteten Materials zu der Wellenlänge deines Lasers passt. Je besser dein Werkstück die Laserstrahlung absorbieren kann, desto besser.
Das Strahlprofil ist Gaußmode, bedenkt man, dass im Strahlzentrum in etwa die doppelte Intensität herrscht und diese wahrscheinlich für den Schneidprozess die nötige Intensität aufbringt, sollte man sich überlegen wie groß der Rest um den Strahl ist, denn der Rest würde ja dann nur die Folie um die Schnittzone herum aufschmelzen. Man braucht also erstmal noch den Strahlradius, der wiederum von dem Resonator abhängig ist. Es erscheint mir also ersteinmal sinnvoll den Strahlradius zu kennen.

nichtsdestotrotz würde ich behaupten. dass der Wärmeeintrag bei einer dünnen Folie und somit auch die Wärmeeinflusszone sogut wie quasi gar nicht existiert (mikrometerbereich). -->Angaben ohne Gewähr :D


Grüße

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Re: Wärmeeintrag in umgebendes Material

Beitrag von VDX » Sa 17 Mai, 2014 9:18 pm

... dann komme ich auch mal dazu :wink:

Der Wärmeeintrag hängt von der Einwirkdauer ein - wenn du mit CW drangehst, brauchst du eine enorm hohe Vorschubgeschwindigkeit, so daß du mit einmal bei 60 Watt vermutlich nicht durchs Material kommst.

Besser ist Pulsansteuerung - je kürzer der Puls, umso weniger Wärmeübergang ins Material ...

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Re: Wärmeeintrag in umgebendes Material

Beitrag von Matthias1 » So 18 Mai, 2014 1:14 am

Hallo,

VDX hat natürlich recht. Je kürzer die Pulse desto geringer der thermische Energieeintrag ins Werkstück. Genau aus diesem Grund entstehen mit der Ultrakurzpulstechnologie gänzlich neue Anwendungsgebiete der Lasermaterialbearbeitung. Zum Beispiel die Perforation , wo die Einspritzpumpe den Kraftstoff in den Zylinder einspritzt, wird mit Hilfe dieser neuen Ultrakurzpulstechnologie gefertigt und wäre auch mit keiner anderen so präzise möglich. Auch interessant ist das nachfolgende Bild:

http://www.dw.de/image/0,,17271091_303,00.jpg

Die thermische Belastung ist so gering, dass sich das Streichholz nicht entzündet. :o


Grüße

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