Hi moe,
Herzlich willkommen hier !
Vielen Dank für Deine interessante Frage und Deine erfrischende Ehrlichkeit in Deinem Profil ....
Aber : Das fällt Dir sicher leichter wenn Du es noch etwas ausfüllst...
Weil Du ja doch nach eigenen Angaben beruflich mit Lasern zu tun hast gehe ich mal davon aus, dass Du auch brauchbare Grundkenntnisse in der Laserphysik hast, was Dein Thread ja auch schon verdeutlicht.
Für die Erklärung Deiner Frage ist es wichtig den Kerr-Effekt allgemein ( auch in seiner Funktion als elektrooptischer Modulator bei z.B. gewöhnlichem Licht durch ein äußeres, elektrisches Feld ) zu kennen und verstanden zu haben... und das hast Du ja auch - nach Deinen Angaben hier.
Zu Deiner Frage / dem Thema:
Also Du möchtest anscheinend verstehen wie ein Femtosekundenlaser funktioniert und wie die Modenkoppelung der Lasermoden des Frequenzkammes erreicht wird, richtig?
Ich versuche das mal ohne große Rechnungen mit einfachen Worten:
Um eine phasenstarre Koppelung der Lasermoden des Frequenzkammes zu erreichen sind zwei Dinge Voraussetzung :
- Ein Material mit einer bestimmten optischen Dispersion
- Eine ausreichende Energiedichte / Strahlungsleistung in den Lasermoden damit die elektrische Feldstärke des Laserlichtes den Brechungsindex selbst modulieren kann.
Hinzu kommt noch, dass zur Erzeugung eines Frequenzkammes ein aktives Material mit einer möglichst großen Spektralen Bandbreite nötig ist, das denke ich hast Du ja schon verstanden denn das resultiert ja aus der Überlagerung der Moden des Frequenzkammes (-> Fouriersynthese) damit daraus auch im Orts-und Zeitbereich ein "Kamm" mit einer Pulsfolge sehr kurzer, kohärenter Pulse entstehen
kann (!).
Diese Voraussetzungen liefern vor allem bestimmte Festkörperlaser (Rubin, Titan-Saphir-Laser...) oder aber auch bestimmte Farbstofflaser.
Dabei besteht das aktive Medium immer aus einer festen oder flüssigen Trägersubstanz und den eigentlichen Ionen / Molekülen innerhalb dieses Trägers welche - bei entsprechendem optischen Pumpen - die anschwingenden Lasermoden mit Energie versorgen. Die Trägersubstanz wirkt dabei nur indirekt mit, z.B. durch den Brechungsindex der auf die sich ausbreitenden Lasermoden wirkt und Ihre Phasengeschwindigkeit innerhalb des aktiven Materials bestimmt.
In der Regel - und unterhalb einer bestimmten Strahlungsleistung der Moden - breiten diese sich zwischen den Spiegeln mit unterschiedlichen Phasengeschwindigkeiten aus, so dass es zu einem phasengleichen Lauf der Wellen innerhalb des Resonators nicht kommen kann, ggf. sogar viele Moden die Resonanzbedingung des optischen Resonators aus diesem Grund nicht erfüllen können. Es bleiben meist nur wenige Moden übrig so dass ein gewöhnlicher Dauerstrichlaser mit ggf. geringen Fluktuationen der Strahlungsleistung entsteht.
So weit, so gut .... aber noch nix besonderes...
Jetzt kommt der Kerr-Effekt mit ins Spiel : Überschreitet die Strahlungsleistung der Lasermoden eine bestimmte kritische Leistung, so verändern die Lasermoden den Brechungsindex des Trägermaterials durch Ihre elektrische Feldstärke. Der Kerr-Effekt bewirkt dass der durch die Feldstärke E der Lasermode(n) des Frequenzkammes jeweils erzeugte Brechungsindex der Intensität ( also dem Quadrat der elektrischen Feldstärke der Lasermode ) proportional ist, es ist also ein nicht linearer Effekt. Im Fall der geschilderten Trägermaterialien wirkt der von den Lasermoden des Frequenzkammes zusätzlich durch den Kerr-Effekt ausgelöste Brechungsindex des Trägermaterials der gewöhnlichen, wellenlängenabhängigen Dispersion innerhalb eines bestimmten Wellenlängenbereiches exakt entgegen, will heißen: die (Intensitäts- und wellenlängenabhängige) Dispersion durch den Kerr-Effekt eines möglichst großen Wellenlängenbereiches der auftretenden Lasermoden des Frequenzkammes wirkt der ( wellenlängenabhängigen ) natürlichen und linearen Dispersion des Trägermaterials entgegen und kompensiert diese. Der Brechungsindex bildet - mechanisch gesprochen - für die Lasermoden eines bestimmten Ortsbereiches eine "Mulde", d.h. diese können nicht mehr auseinander laufen und bewegen sich mit zunehmender Laufzeit durch das Medium immer exakter phasengleich. -> Longitudinale, selbstinduzierte "Kerr-Linse" ( Vorsicht - dieser Begriff ist eigentlich falsch... er dient nur der Veranschaulichung ! )
Die Lasermoden laufen wie eine Gruppe harmonische Wellen mit sich immer stärker angleichender Phasengeschwindigkeit... die "schnellen" werden durch z.B. durch die Materialdispersion "gebremst"... die "langsamen" z.B. durch die Dispersion des Kerr-Effektes "angeschoben", wenn diese mechanischen Begriffe mal für Felder zur Erklärung geduldet werden... Jedenfalls laufen die Wellen mit zunehmender Ausbreitungszeit immer phasengleicher - > Die Wirkung auf die Wellenausbreitung entspricht einer Phasenreglerschleife in der Elektronik (PLL-Schaltung).
Je größer die Verstärkungsbandbreite des Mediums und die Bandbreite der Schwellenergie für die einzelnen Moden des Frequenzkammes desto schärfer sind die im Orts-Zeit-Bereich nach dieser Methode erzeugten, nutzbaren Laserpulse. -> Femtosekundenimpulsfolge.
Die Fouriertransformation eines Frequenzkammes in den Orts-Zeit-Bereich (Ja, beim Licht ist das möglich!) ergibt wieder einen Frequenzkamm, das ist ja das was die Artikel zu diesem Thema alle als "Basic" erklären.
Das laserphysikalisch Paradoxe hieran ist, dass die kürzesten, überhaupt erzeugbaren Laserimpulse auf dem Prinzip des Dauerstrichlasers beruhen, da die Moden des Frequenzkammes ja erstmal anschwingen ( Towenssche Schwellbedingung !) und eine bestimmte Mindestleistung erreichen müssen, damit der Kerr-Effekt, der die lineare Dispersion des Trägermaterials ausgleichen kann überhaupt auftritt. ( Dabei ist interessant ob der Schwellwert für den Kerr-Effekt durch die Summe der Moden oder aber die einzelnen Moden bereits erfüllt sein muss ... das ist wichtig ob der Laser überhaupt konstruierbar ist ... -> Abschätzung der nötigen Pumpleistung
)
Die Kerr-Linse (Selbstfokussierung) und die Wirkung der Lochblende im Resonator funktionieren nach demselben Prinzip, allerdings in transversaler ( also quer zur Strahlrichtung ) Betrachtung. Die verschiedenen Gaußstrahlen der unterschiedlichen Moden fokussieren sich nicht nur selbst sondern erzeugen vor allem in Ihrer Summe einen extrem scharfen Brennfleck sehr großer Intensität.
Die Lochblende im Resonator wirkt dabei eigentlich nur unterstützend und bewirkt das alle Moden des Frequenzkammes auch in der TEM-00-Mode anschwingen und ihre Maxima auf der Resonatorachse zusammenfallen.
Zudem verhält sich das Licht eines Femtosekundenlasers wie das einer partiell kohärenten Lichtquelle, was Interferenz und Holografie angeht.
Der stärkste Laser dieser Bauart ( er steht in Jena ! ) erzeugt ( mit einer passenden Verstärkung ) eine Spitzenenergiedichte, die mit der Fokussierung des gesamten auf die Erde treffenden Sonnenlichtes in einem Brennfleckes durch ein überdimensionales Brennglas vergleichbar ist...
Rechnerische Details habe ich mal ausgelassen.
Die einzigen Laser(medien) zur Erzeugung kurzer Laserpulse über Dauerstrichemission sind Rubin, Farbstoffe und vor allem Titan-dotiertes monokristallines Bauxit... nur letzteres Material schafft es Femtosekunden-Impulse von einer Dauer von 4-7 Femtosekunden nach diesem Prinzip zu erzeugen.
Mit dem Rubinlaser ( Anstelle von Titan ist hier Chrom im Kristallgitter des Bauxit eingelagert ) können wegen der geringeren Verstärkungsbandbreite "nur" Pikosekunden erreicht werden. Lange Zeit waren Farbstoffe mit Ihren breiten Absorbtions- und Floureszenzbanden gute Kanditaten für kurze Laserimpulse nach diesem Prinzip, seit 1977 wurden diese von dem Titan-Saphir-Festkörperlaser verdrängt.
Zu dem Thema gibt´s auch gute, verständlich abgefasste Veröffentlichungen, z.B. aus dem Jahr 1999: "Uhrenvergleich auf der Femtosekundenskala"....da wird auch das wichtigste zum optischen Frequenzkamm erklärt.
Wenn´s noch Fragen gibt ... ich und viele andere hier beantworten diese sicher gerne...
Entschuldigt meine Rechtschreibung.. es ist ein graus....
Grüße,
Undine